Als ich ein Kind war, hatte ich viele Träume
Ich lag im Gras, beobachtete die Wolken und verwandelte sie in meinem Kopf in Schlösser und Drachen. Ich konnte stundenlang einfach dasitzen, die Augen schließen und in magische Welten eintauchen. Ich liebte es zu tanzen und zu singen, auch wenn niemand zusah. Ich verlor mich in Büchern und schrieb selbst Geschichten – einfach aus Spaß. Es war mir egal, ob sie ein Ende hatten. Und ich liebte Kuchen, manchmal viel zu sehr, einfach weil es mega gut schmeckte.
In der Schule begann ich zu glauben, dass ich mit 30 alles im Griff haben würde.
Ein Beruf, ein Haus, ein Auto, vielleicht ein Ehemann und Kinder. Das war der Traum, oder? Das perfekte Leben. Erwachsene fragten mich immer wieder: „Was willst du mal werden, wenn du groß bist?“ Und langsam fühlte ich diesen Druck, jemand zu sein. Vielleicht Ärztin, vielleicht Anwältin, irgendetwas Besonderes. Also wurde ich ernst. Ich lernte hart, schrieb gute Noten – und hörte auf, viele der Dinge zu tun, die mich einst glücklich gemacht hatten.
Ich hörte auf, Bücher zu lesen, die ich liebte, und konzentrierte mich auf solche, die mir halfen, gute Noten zu schreiben. Ich lag nicht mehr im Gras und schaute in den Himmel, weil ich dachte, das sei unproduktiv. Ich sang nicht mehr, weil andere es besser konnten. Ich tanzte nicht mehr, weil Aussehen wichtiger schien. Ich schrieb keine Geschichten mehr, weil ich so beschäftigt mit Hausaufgaben war. Ich aß keinen Kuchen mehr, weil ich Angst hatte, zuzunehmen.
Ich wollte keine Fehler machen. Ich wollte nicht scheitern. Ich drängte mich selbst in Richtung dieses perfekten Lebens, das ich überall um mich herum sah. Die Erwachsenen schienen alles zu haben: Karriere, Geld, einen perfekten Partner, Kinder. Ich wollte dazugehören.
Doch als ich meinen Abschluss machte, fühlte ich mich verloren.
Die klare Struktur der Schule, die mir Sicherheit gab, war plötzlich weg. Da stand ich nun – ohne Plan, ohne klare Richtung. Ich hatte Angst zu scheitern, Angst, Fehler zu machen. Also wählte ich einen sicheren Weg. Ich begann ein Lehramtsstudium, Latein und Religion. Es schien stabil, respektabel, strukturiert. Aber nach zwei Jahren brach ich ab. Mein erster großer „Fehler“. Meine Eltern waren enttäuscht, besonders als ich mich für eine Ausbildung im Marketing in einer eher unkonventionellen Firma entschied. Doch auch danach fühlte ich mich verloren.
Aber heute sehe ich vieles anders.
Heute bin ich 34 Jahre alt. Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder und kein Haus – und das ist okay. Heute bin ich stolz auf all meine „Fehler“. Jeder Umbruch, jede Trennung, jede unsichere Phase – sie alle sind Teile meiner Geschichte. Sie sind wie kleine Puzzleteile, die zusammen ein großes, buntes Bild ergeben. Sie haben mich zu der Person gemacht, die ich heute bin.
Ich bin Jove. Und der beste Fehler meines Lebens war es, den Druck loszulassen, Fehler zu machen. Es gibt keine Fehler, nur Erfahrungen.
Ich liebe es zu tanzen, zu singen, zu schreiben, zu kochen und zu lesen. Ich habe keinen perfekten Körper und ja, manchmal esse ich immer noch zu viel Kuchen. Aber ich fühle mich vom Leben geliebt. Ich liebe meinen Partner, meine Familie, meine Freunde. Ich liebe meine Ideen und meine Neugier auf das Leben.
Und vielleicht ist sogar das Schreiben dieses Artikels ein „Fehler“. Vielleicht hätte ich etwas anderes, Besseres schreiben sollen. Aber das ist okay. Es ist für jetzt gut genug.
Danke fürs Lesen. 😊